
barig.aero I/2020
„Die Politik muss zukunftsweisend agieren"
- Fokus-Thema: BARIG formuliert klare Forderungen an die deutsche Politik
- Alternative Kraftstoffe: Hoffnungsträger „Power-to-Liquid“
- Single European Sky: Klimaschutz auf europäischer Ebene
- Schlichtung: 10 Jahre söp
BARIG formuliert klare Forderungen an die deutsche Politik
Michael Hoppe, Vorsitzender und Generalsekretär des BARIG, appelliert an die Politik, jetzt zukunftsweisend zu agieren und die notwendigen Investitionen zu tätigen:
Der Jahreswechsel ist kaum vorbei, schon hält das neue Jahr wieder einige herausfordernde Themen bereit. Der Luftverkehrsstandort Deutschland muss sich erschwerten Bedingungen stellen, nicht zuletzt wegen der ab dem zweiten Quartal 2020 abermals erhöhten Luftverkehrsteuer. Weiterhin stehen die Unternehmen in Deutschland und die internationale Luftverkehrswirtschaft aufgrund von Unklarheiten im globalen Handel und stetig steigenden Kosten für den Klimaschutz unter Druck.
Was jetzt gebraucht wird, ist eine starke Gemeinschaft von Gesellschaft, Industrie und Politik. Dabei muss die Politik in Deutschland zukunftsweisend agieren. Dringender denn je muss sie, Hand in Hand mit der Luftverkehrswirtschaft, Pflöcke einschlagen, um Grundlagen für eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Die Fluggesellschaften und alle engagierten Menschen erwarten klare Perspektiven und Taten. Die Steuergelder für all diese dringenden Maßnahmen – darunter alleine rund 9,4 Milliarden Euro aus der Luftverkehrsteuer seit 2011* – haben die Unternehmen sowie die Bürgerinnen und Bürger bereits gezahlt, ohne jedoch die entsprechenden Investitionen seitens der Politik bekommen zu haben. 2020 erhöht die Regierung diese Abgaben weiter – abermals ohne die absolut notwendige Zweckbindung.
Es ist Zeit, diese Steuer-Milliarden zielgerichtet und – im Sinne unserer nachkommenden Generationen – langfristig zu investieren: für einen nachhaltigen Luftverkehr, für erweiterten Klimaschutz und für nutzbringende Umweltprojekte. Gerade angesichts des aktuellen Rekordüberschusses im Bundeshaushalt sind diese Investitionen längst überfällig.
Die hierzu wesentlichen Forderungen an die Politik für 2020 lauten:
Nutzen Sie die bereits gezahlten Steuer-Milliarden und fördern Sie zielgerichtet zukunftsorientierte Projekte für die Luftfahrtindustrie!
Prioritäten hierbei:
- nachhaltige Investitionen in alternative Kraftstoffproduktionen, wie etwa das vielversprechende Power-to-Liquid-Verfahren
- zügige Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraumes (Single European Sky)
- keine nachteiligen nationalen oder europäischen Alleingänge
- Unterstützung bei der Umsetzung des CO2-Kompensationsprogrammes CORSIA
Wir appellieren an die Regierung: „Handeln Sie jetzt zukunftsweisend“.
*Quelle der Statistik:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/415181/umfrage/luftverkehrssteuer-in-deutschland-einnahmen/
Hoffnungsträger „Power-to-Liquid“
Einige der derzeit vielversprechendsten Ansätze, Fliegen CO2-neutral zu gestalten, werden unter dem Begriff „Power-to-Liquid“ zusammengefasst. Hinter dieser Bezeichnung verbergen sich Verfahren zur Herstellung synthetischer Flüssigkraftstoffe nach einer Methode, die Wasserstoff sowie CO2 nutzt, das aus der Atmosphäre stammt. Mithilfe elektrischer Energie (power) werden beide Stoffe zu einem synthetischen Rohöl (liquid) verarbeitet, aus dem wiederum Kerosin gewonnen wird. Bei dessen Verbrennung entsteht zwar erneut CO2, da dieses jedoch zuvor der Atmosphäre entnommen wurde, bleibt die Bilanz unterm Strich null – „Power-to-Liquid“ gilt demnach als CO2-neutrales Verfahren. Entscheidend für die Nachhaltigkeit dieses Ansatzes ist, dass der Strom aus regenerativen Quellen stammt. Das synthetische Kerosin kann praktischerweise mit herkömmlichen Kraftstoffen kombiniert und im Rahmen der bestehenden Infrastruktur wie auch der Turbinen eingesetzt werden. Entsprechend seinen unzähligen Vorteilen bedeutet „Power-to-Liquid“ den für die Flugindustrie und Klimaschutz wegweisendsten Ansatz.
Die technologische Machbarkeit von „Power-to-Liquid“ ist bereits bewiesen. Größtes Hemmnis sind derzeit die fehlenden Produktionskapazitäten. Da das Verfahren bisher hauptsächlich im Rahmen von Forschungsprojekten angewendet wird, ist der Treibstoff rund fünfmal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Notwendig sind also massive Investitionen in die industrielle Herstellung von „Power-to-Liquid“-Kraftstoff. Auf Bundes- und EU-Ebene muss jetzt beherzt die Förderung dieses CO2-neutralen Verfahrens zur Gewinnung von Kraftstoffen forciert werden.
Klimaschutz auf europäischer Ebene
Der Klimaschutz gehört zu den zentralen Themen der neuen EU-Kommission in Brüssel. Daran knüpfen auch die Fluggesellschaften große Hoffnungen, denn für einen ebenso effizienten wie weitsichtigen Klimaschutz bedarf es gemeinschaftlicher Initiativen und Anstrengungen. Nationale Alleingänge sind zumeist wenig hilfreich oder laufen, wie im Falle der deutschen Luftverkehrssteuer, sogar Gefahr, kontraproduktiv zu wirken und die Umwelt zusätzlich zu belasten. Vor diesem Hintergrund unterstützen BARIG und die Fluggesellschaften ausdrücklich die Initiative von Adina-Ioana Valean, der neuen für Transport und Verkehr zuständigen EU-Kommissarin. Sie will den dringend benötigten Single European Sky (SES) endlich vorantreiben – und dazu die seit Jahren anhaltende Blockade auflösen. Der einheitliche europäische Luftraum würde zu einer spürbaren Entzerrung des Luftverkehrs mit kürzeren Routen führen, wodurch sich pro Jahr rund 50 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen ließen. Auch erhoffen sich BARIG und die Fluggesellschaften von der Bundesregierung wichtige Impulse zur Umsetzung des SES, wenn Deutschland am 1. Juli 2020 turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.
Ebenso fordert BARIG von der EU, den Luftverkehr bei der Einführung CO2-neutraler Kraftstoffe zu unterstützen, etwa dem „Power-to-Liquid“-Verfahren. Ohne eine mutige industriepolitische Initiative der EU käme dieses wichtige Projekt nicht voran.
Unter dem Motto „10 Jahre söp – 10 Jahre Schlichtung für den Personenverkehr“ feierte die söp am 22. Januar 2020 ihren ersten runden Geburtstag. Mit dem Ziel der außergerichtlichen Streitbeilegung ist die Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr seit ihrer Gründung im Jahre 2010 einen weiten Weg gegangen: Konzentrierte sich die Klärung etwaiger Ansprüche anfänglich auf den Schienenverkehr, umfasst die Schlichtungsstelle inzwischen sämtliche öffentliche Personenverkehrsmittel. So ist vor sieben Jahren auch die Luftverkehrsbranche dazu gestoßen und seitdem ebenso das BARIG, vertreten durch Generalsekretär Michael Hoppe, im Vorstand der söp aktiv tätig. Damit setzt sich BARIG engagiert für einen konstruktiven Dialog bei Unstimmigkeiten zwischen Passagieren und Fluggesellschaften ein. In diesem Rahmen gratuliert BARIG der söp zum 10-jährigen Jubiläum und bedankt sich für eine gute Zusammenarbeit.
v. l. n. r.: Elisabeth Kotthaus (Europäische Kommission), Michael Hoppe (BARIG), Prof. Dr. Ulla Gläßer (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder), Marion Jungbluth (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.), Prof. Dr. Reinhard Greger (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg)